Der "große Bruder" dominierte von Beginn
Der ThSV Eisenach unterlag im mitteldeutschen Derby dem amtierenden deutschen Meister SC Magdeburg mit 26:36 (12:18) / Überglücklich ThSV-Nachwuchskeeper Paul Untermann
Sternstunden lassen sich nicht beliebig wiederholen. Am 23.11.2024 bezwang der ThSV Eisenach Tabellenführer MT Melsungen mit 32:31. Die 87. Auflage des mitteldeutschen Derbys zwischen dem ThSV Eisenach und dem SC Magdeburger wurde eine klare Sache für den „großen Bruder“. Die Wartburgstädter wurden bei der 26:36 (12:18) -Niederlage freilich unter Wert geschlagen. Jeder im Eisenacher Lager wusste die Niederlage gegen den Champions-League-Sieger des Vorjahres, dem mit Weltklassespielern gespickten amtierenden deutschen Meister, auch im aktuellen Titelrennen mit guten Chancen, richtig einzuordnen. Beide Fanlager sorgten in der rappelvollen Werner-Aßmann-Halle für eine famose Stimmung. Nicht alle Tage: Mit Misha Kaufmann bescheinigte der Trainer des unterlegenen Teams den Referees Hanspeter Brodbeck und Simon Reich eine „Top-Leistung“. Sie brauchten gerade einmal 4 Zeitstrafen, je zwei, zu verhängen. Überglücklich Eisenachs C-Jugend-Torhüter Paul Untermann! SCM-Keeper Sergey Hernandez erfüllte die Bitte des ThSV-Youngsters, übereignete diesem sein Trainings- und Aufwärmshirt.
„Der SC Magdeburg war das abgezocktere Team“, stellte Ex-Nationalspieler Uwe Seidel, einst für die Elbestädter und die Thüringer am Ball, fest. „Wir haben nicht nur unsere qualitativen Vorteile in die Waagschale geworfen, wir haben auch den Kampf angenommen und mit Leidenschaft aufgetrumpft“, unterstrich SCM-Coach Bennet Wiegert. „Spiele in Eisenach sind immer was ganz Besonderes, weisen eine lange Tradition auf, die ich praktisch in die Wiege gelegt bekam. In der einmaligen Atmosphäre der Werner-Aßmann-Halle kann der ThSV Eisenach über sich hinauswachsen. Als Eisenach in der zweiten Halbzeit auf 5 Tore verkürzte, haben wir uns nicht vom Weg abbringen lassen, haben während der gesamten 60 Minuten Energie und Emotionalität gezeigt“, fügte Bennet Wiegert, im Vorjahr zum Ehrenmitglied des ThSV Eisenach ernannt, hinzu. Er und seine Spieler schrieben nach der Partie viele Autogramme, stellten sich für Fotos. Sie waren überwältigt von der ihnen entgegengebrachten Sympathie. Die Fans beider Teams standen schon vor der Partie beisammen, feierten nach dem Abpfiff in und um die Werner-Aßmann-Halle gemeinsam. Und einige SCM-Spieler kamen nach Spielende zur „Auswertung“ in die ThSV-Kabine…
„Phasenweise haben wir gut verteidigt, doch unsere Fehlerquote war zu hoch. Gegen eine Weltklasse-Mannschaft haben wir zudem nicht die Breite des Spielfeldes genutzt“, bilanzierte Eisenachs Trainer Misha Kaufmann. Magdeburgs Matthias Musche, gerade im zweiten Handball-Frühling, schloss immer wieder über Linksaußen ab, markierte 9 Treffer (bei 10 Versuchen). Für den SC Magdeburg weist die Spieltagsstatistik 8 erfolgreich abgeschlossene Tempogegenstöße auf. Dem ThSV Eisenach gelang kein einziger. Eisenachs Rückraumspieler Marko Grgic, vor dem Anpfiff, von stehenden Ovationen begleitet, als HBL-Spieler des Monats Februar und bei den German Handball Awards mit überwältigendem Ergebnis in der Kategorie „Überraschung der Saison“ auf Platz 1, geehrt, traf erneut zweistellig (10 Treffer). Der 21-Jährige vermochte aber allein die Gäste nicht in die Bredouille zu bringen. „Dieses Derby war die ganze Woche Gesprächsstoff auf den Straßen Eisenachs. Mit dem SC Magdeburg hat es einen verdienten Sieger gefunden“, erklärte Eisenachs Geschäftsführer Rene Witte.
Zu viele technische Fehler
„Wir hatten im ersten Abschnitt Mühe in der Abwehr, haben Zweikämpfe zu leicht verloren“, bekannte Eisenachs Timothy Reichmuth. Magdeburgs Rückraum-Ass Felix Claar stellte mit 5 Treffern bis zur 20. Minute schon mal die Weichen für sein Team. Nach 8 Minuten leuchtete ein 2:6 auf der Anzeigetafel. „Uns unterliefen schon zu Beginn viele technische Fehler“, ärgerte sich ThSV-Kapitän Peter Walz. „Wir haben aber auch gute Torchancen nicht genutzt“, vermerkte Timothy Reichmuth. Per Gegenstoß netzte Matthias Musche zum 4:9 ein (14.). Die Eisenacher, zumeist mit vier Rückraumspielern (Grgic, Vistorop, Mengon, Donker), kamen besser ins Spiel. Marko Grgic und Ivan Snajder verkürzten auf 8:10 (18.). Simone Mengon wurde von der SCM-Abwehr frühzeitig gestellt, vermochte an diesem späten Abend nicht so zu brillieren wie zuletzt. Knallhart bestraften die Elbestädter Fehler der Hausherren, nutzten ihre individuellen Qualitäten. Felix Claar (insgesamt 9 Treffer) und Philipp Weber netzten zum 10:16 ein (26.). Filip Vistorop scheiterte an SCM-Schlussmann Sergey Hernandez, Simone Mengon unterlief ein technischer Fehler. Auf Zuspiel von Filip Vistorop versenkte Marko Grgic zum 11:17 (27.). Tim Hornke traf mit der Sirene zum 12:18-Pausenstand.
Am Ende wird es noch zweistellig
Die Wartburgstädter kamen mit neuem Elan aus den Kabinen, lautstark vom eigenen Anhang gepusht. Der eingewechselte Fynn Hangstein setzte Akzente, Malt Donker steuerte mutig den SCM-Kasten an. Beide trafen zum 15:20-Zwischenstand (35.). Die Elbestädter antworteten mit ihrer individuellen Klasse. Philipp Weber ließ sich beim 15:23 nicht stoppen (38.). ThSV-Coach Misha Kaufmann griff zum taktischen Mittel 7 gegen 6. Justin Kurch und Marko Grgic verkürzten wieder bis auf 5 Treffer (21:26, 47.). Bennet Wiegert wechselte nach dem Hangstein-Treffer zum 22:27 (48.) den Torhüter. Nikola Portner kam für Sergey Hernandez. Marko Grgic scheiterte dann auch gleich an Nikola Portner. ThSV-Coach Misha Kaufmann war unzufrieden über Gegentore aus spitzem Winkel, beorderte den von einer Grippe sichtlich gekennzeichneten Silvio Heinevetter ins ThSV-Gehäuse. Auch nach dem 23:30 (52.) fighteten die Eisenacher leidenschaftlich weiter. Fynn Hangstein traf zum 24:30 (55.). „Doch uns unterliefen wieder technische Fehler“, stellte Timothy Reichmuth fest. „Beim 7 gegen 6 ist das Risiko doppelt so hoch, schnelle Gegentore zu kassieren“, erläuterte Peter Walz. Der SCM nutzten Eisenacher Ballverluste und Fehlwürfe gnadenlos. Erst durch Matthias Musche per Doppelschlag zum 24:33 (56.), dann durch Torhüter Nikola Portner, der das Leder aus dem eigenen Kreis zum 24:34 (57.) und 25:36 (58.) ins verwaiste ThSV-Gehäuse zirkelte. Mit seinem 10. Treffer besorgte Marko Grgic den 26:36-Endstand.
Statistik
ThSV Eisenach: Spikic (7 Paraden/30 Gegentore), Heinevetter (ab 53., 1 Parade/6 Gegentore); Vistorop (2), Reichmuth (2), Capric, Hangstein (3), Attenhofer, Walz (1), Mengon (3), Grgic (10/2), Ende, Meyer, Donker (3), Kurch (1), Snajder (1), Saul
Trainer: Misha Kaufmann
SC Magdeburg: Hernandez (7 Paraden/27 Gegentore), Portner (2 Tore, ab 49., 3 Paraden/9 Gegentore); Persson, Musche (9/1), Claar (9), Zechel (3), Pettersson, Serradilla Cuenca, Hornke (4), Hensen, Weber (5), Lagergren (3), Mertens, Saugstrup (1), Damgaard
Trainer: Bennet Wiegert
Strafminuten:
ThSV Eisenach 4 Min (Kurch 47., Donker 49.)
SC Magdeburg 4 Min. (Lagergren 23., Zechel 53.)
Siebenmeter:
ThSV Eisenach 2/2 (Grgic verwandelt 2 x gegen Hernandez)
SC Magdeburg 1/1 (Musche verwandelt 1 x gegen Spikic)
Schiedsrichter: Brodbeck/Reich
Zuschauer: 2.800 (ausverkauft)
Spielfilm: 2:6 (8.), 8:10 (18.), 10:17 (27.), 12:18 (30.), 15:20 (35.), 18:24 (43.), 22:27 (48.), 24:34 (57.), 26:36 (30.)
Th. Levknecht
