Drei Luxemburger Talente starten bei uns durch

Tim Nothum, Yann Schiertz, Fynn Schiertz: Wohnen im Internat, Lernen im Elisabeth-Gymnasium, tägliche intensive Trainingseinheiten und am Wochenende Punktspiele

Yann Schiertz, Fynn Schiertz, Tim Nothum (v.l.) vor dem Elisabeth-Gymnasium

Seit dem Sommer gehören drei Handballtalente aus Luxemburg zum Nachwuchsprojekt des ThSV Eisenach. Rückraumspieler Yann Schiertz (17 Jahre) und sein Bruder, Torhüter Fynn Schiertz (16 Jahre), sowie Rückraumspieler Tim Nothum (16) wechselten vom Verein ihrer Heimatstadt, vom „Handball Esch“, zum Thüringer Traditionsverein. Sie wohnen im neuen mit Unterstützung der Arbeiterwohlfahrt geschaffenen Sportinternat, lernen am Elisabeth-Gymnasium, Partner des ThSV Eisenach, trainieren täglich in der Werner-Aßmann-Halle und nehmen an den Wochenenden am Punktspielbetrieb der A- und B-Jugend teil. Yann Schiertz kam auch schon im Männerbereich, in der die Tabelle der Oberliga Männer anführenden zweiten Männermannschaft zum Einsatz. Im Training durften sie alle auch schon mal beim Bundesligateam mitwirken. Den engen Kontakt zu den Spielern der Bundesligamannschaft schätzen die drei Youngster aus Luxemburg besonders. Sie möchten ja mal selbst in Deutschlands höchster Liga spielen, Handballprofi werden. Das ist ihr Traum. Aktuell wollen sie mit den Nachwuchsteams des ThSV Eisenach bestmögliche Resultate in den Thüringer Ligen und im Mitteldeutschen Handballverband erzielen, die Qualifikationsspiele zu den A- und B-Jugend-Bundesligen erfolgreich bestreiten. Die Hürden liegen ganz, ganz hoch.

Neben dem Trainings- und Wettkampfbetrieb beim ThSV Eisenach sind sie auch mit den Nachwuchsauswahlmannschaften Luxemburgs am Ball. Tim Nothum und Fynn Schiertz absolvierten in der Vorwoche mit der luxemburgischen U 17-Auswahl ein Testspiel gegen die Altersgefährten Belgiens (Endstand 33:33). In der Regionalliga des Mitteldeutschen Handballverbandes der männlichen Jugend B eroberten beide am Wochenende mit dem ThSV Eisenach beim 27:27 in Dessau, bei der JSpG Kühnau/DRHV 06, einen Zähler, sind nun vier Spiele ungeschlagen (3 Siege, 1 Remis), belegen den 3. Tabellenplatz. Tim Nothum netzte gleich 11 Bälle ein, , führt mit 121 Treffern die Torjägerliste der B-Jugend-Liga des Mitteldeutschen Handballverbandes an.

Dass sie nach Eisenach gekommen sind, hat viel mit Danijel Grgic, dem Jugendkoordinator des ThSV Eisenach, zu tun. Er gehörte in Luxemburg zu ihrem Trainerteam, empfahl ihnen den Thüringer Traditionsverein. „Danijel Grgic hat uns zu diesem Schritt ermutigt“, berichtet Fynn Schiertz. Mit Maik Handschke stand ein Ex-Eisenacher im Trainerteam von Tim Nothum und der Schiertz-Brüder. Maik Handschke war von November 2008 bis April 2010 Trainer des seinerzeit in der 2. Handballbundesliga Männer spielenden ThSV Eisenach.

Der Wechsel nach Eisenach bedeutete für die Drei gehörige Umstellungen. Weg von den Eltern, weg von der Familie, Schule, Mannschaftsgefährten und Freunden. Der Kontakt zu den Eltern wird intensiv gepflegt. Diese kommen so oft wie möglich nach Eisenach. Punktspielpausen oder Auswahleinsätze nutzen die Handballtalente zu Heimatbesuchen.

Ein neuer Tagesablauf bestimmt ihr Leben während der Woche. Morgens geht es mit dem Fahrrad vom Internat ins Elisabeth-Gymnasium, dann zurück ins Internat, wo es warmes Essen gibt, Hausaufgaben und dann Training. Im Anschluss folgt das Abendessen im Internat.

Wir wollten mehr über die drei jungen Handballer wissen.

Tim Nothum schaut sich viel bei Simone Mengon ab

„Aggressivität, Schnelligkeit, und das in Abwehr und Angriff, faszinieren mich. Es geht ausgesprochen abwechslungsreich zu, es wird nicht langweilig“, begründet Tim Nothum seine Entscheidung für Handball. Der Zusammenhalt in einer Mannschaftssportart ist für ihn ein gewichtiges Argument. Schon als Kleinkund, mit 4 Jahren, fand er Spaß am Handballspielen. Inzwischen ist der rechte Rückraum seine Stammposition. „Von hier kann ich das Spiel selbst mitgestalten“, begründet Tim Nothum. „Anfangs war es schon ungewohnt, weg von den Eltern, doch im familiär geprägten ThSV Eisenach wurde ich sehr gut aufgenommen. Der enge Kontakt zu den Spielern unserer Bundesligamannschaft motiviert mich täglich neu. Die Trainingsqualität in Eisenach ist höher als bei meinem Heimatverein“, erläutert Tim Nothum. Begeistert ist er von Eisenachs Rückraumspieler Simone Mengon, dessen 1 gegen 1, sein Durchsetzungsvermögen, die variantenreichen Würfe, seine technische Versiertheit, dessen Werdegang als ganz junger Spieler von Italien nach Frankreich und nach Deutschland, bis zum Aufstieg in die Nationalmannschaft Italiens, mit der er im Januar an der WM teilnahm. Als persönliches Vorbild benennt er Tom Krier, den Rechtsaußen der luxemburgischen Nationalmannschaft. „Tom Krier verkörpert seit 10 Jahren die Mentalität meines Heimatvereins“, begründet Tim Nothum.

Er lernt in der 10 LF des Elisabeth-Gymnasiums, wobei LG für Latein und Französisch steht. Französisch gehörte schon in Luxemburg zu seinen Unterrichtsfächern. „Die Lehrer haben mir sehr geholfen. Inzwischen weiß ich, wie sie ticken. Ich habe mich gut eingelebt, Freunde gefunden“, berichtet der 16-jährige Rückraumspieler. In Deutsch, Mathematik und Englisch sei er ganz gut, Nachholbedarf habe er in Biologie und Chemie, bekennt Tim Nothum. Logisches Denken zählt er zu seinen Stärken, möchte Jura studieren und Anwalt werden. Schnitzel mit Pommes ist sein Lieblingsgericht.

Fynn Schiertz schätzt die Tipps von Silvio Heinevetter

Emil Nielsen, dänischer Torhüter, seit 2022 beim spanischen Rekordmeister FC Barcelona unter Vertrag, ist das Vorbild von Fynn Schiertz, der auch im Alter von 3 Jahren mit dem Handball begann. „Meine Eltern haben mich mitgenommen“, berichtet der Torhüter. Zunächst habe er im Feld gespielt, sei im Alter von 8 Jahren ins Tor gerückt. „Diese Position hat mir dann gleich besser gefallen“, erinnert sich Fynn Schiertz. Das Niveau in Eisenach sei deutlich höher als in der Heimat. Die zu parierende Würfe seien schärfer und platzierter. „Wir haben in Luxemburg auch viel trainiert, in Eisenach sind Intensität und Umfänge höher. Manchmal, wenn ich zusätzlich bei der 2. Männermannschaft trainiere, absolviere ich zwei Einheiten an einem Tag, verlasse erst gegen 21.30 Uhr die Halle“, merkt der junge Torhüter an. Besonders wertvoll stuft er die Trainingseinheiten mit Torwarttrainer Stanislaw Gorobtschuk und den Keepern der Bundesligamannschaft ein. „Famos, wie fit Silvio Heinevetter mit 40 ist. Der ehemalige Auswahltorhüter unterstützt die anderen Keeper, gibt auch mir wertvolle Tipps“, erklärt Fynn Schiertz.

Gemeinsam mit seinem Bruder sei die Eingewöhnung in Eisenach leichter gefallen. „Im Internat hat jeder sein eigenes Zimmer“, erwähnt Fynn Schiertz als positiven Aspekt. Er lernt in der Klasse 9 F am Elisabeth-Gymnasium. Ethik und Gesellschaftswissenschaften sind für ihn neu. Physik und Chemie waren in Luxemburg bis zur 8. Klasse im Fach Naturwissenschaften zusammengefasst. Jetzt, als Einzelfächer, hat er noch Nachholbedarf. Im späteren Berufsleben möchte er was mit Sport machen. Vielleicht Sportlehrer. Sushi nennt er als seine Lieblingsspeise.

Yann Schiertz hat zwei Aufstiege auf der Wunschliste

Schon der „Krabbelgruppe“ schloss Yann Schiertz Bekanntschaft mit dem Ball. „Mein Vater war Jugendtrainer, hat im Verein ganz viel geholfen, mich frühzeitig mitgenommen. Es hat von Beginn Spaß gemacht und ich bin dabeigeblieben“, lässt Yann Schiertz wissen. Sein Vater war auch der Co-Trainer von Danijel Grgic. Im Vorjahr weilte er zum Probetraining in Eisenach, hat sich alles angeschaut – und im August Quartier im Internat bezogen. „Nach anfänglichen Schwierigkeiten fühle ich mich wohl, wurde auch in der Schule gut aufgenommen“, unterstreicht Yann Schiertz. Er lernt in der 10 L/F. Ethik, Naturwissenschaft und Technik sind neu. Nicht verwunderlich, in diesen Fächern hat er Nachholbedarf. Französisch, schon zu den Unterrichtsfächern in Luxemburg, fällt ihm leicht.

 „Meine Erwartungen haben sich mehr als erfüllt. Neben den Spielen in der A-Jugend bin ich schon bei unserer zweiten Männermannschaft dabei, darf auch schon mal bei unserem Bundesligateam mittrainieren. Das erfüllt mich mit Stolz und motiviert natürlich zusätzlich“, fügt er hinzu. Mit der zweiten Männermannschaft um Spielertrainer Qendrim Alaj möchte Yann Schiertz in die Regionalliga des Mitteldeutschen Handballverbandes und mit der A-Jugend in die Jugendbundesliga aufsteigen. Die Hürden liegen damit sehr hoch.

Marko Grgic imponiert ihm besonders. „Grandios, welche Entwicklung er mit seinen jungen Jahren genommen hat. Er redet viel mit mir. Dieser Kontakt ist toll“, betont Yann Schiertz. Wie seine beiden Landsleute musste auch er sich auf intensivere Trainingseinheiten einstellen, zu denen auch Krafttraining gehört. „Das gab es daheim kaum“, so der junge Rückraumspieler. Körperlich ginge es deutlich mehr zur Sache als in Luxemburg. Die Position im linken Rückraum sei die richtige für ihn. In den Qualifikationsspielen des Thüringer Handballverbandes der A-Jugend markierte er in 5 Spielen 43 Treffern, belegt damit im Torjägerranking den 1. Platz.

Den beim FC Barcelona unter Vertrag stehende 19-jährigen Rückraumspieler Peta Cikusa sieht Fynn Schiertz als Vorbild. „Faszinierend, wie dieser in so jungen Jahren Verantwortung auf Rückraum Mitte übernimmt, mit Barcelona 2024 die spanische Meisterschaft und die EHF-Champions-League gewann“, schwärmt der 17-jährige Luxemburger im Trikot des ThSV Eisenach für den nur wenig älteren Spanier.

Als Berufswunsch nennt er Physiotherapeut. Dank der Unterstützung eines Physiotherapeuten hat er im Vorjahr eine Verletzung überwunden, ist relativ schnell auf das Spielfeld zurückgekehrt. Geht es nach Yann Schiertz, stehen griechische Gerichte, wie Gyros, oft auf dem Speiseplan.

Th. Levknecht

 

Tim Nothum am Ball - Foto: Wilke
Yann Schiertz beim Torwurf - sportfotoseisenach
Keeper Fynn Schiertz während der Erwärmung