"Eisvogel" Marko Grgic lässt unseren Tempel beben
ThSV Eisenach bejubelt 32:31 (17:19) -Erfolg über den HSV Hamburg und geht mit 16:16 Zählern auf einem einstelligen Tabellenplatz in die Punktspielpause
„Ein Sieg gegen den HSV Hamburg wäre mal fällig“, hatte ThSV-Kapitän Peter Walz kurz vor den Festtagen gefrotzelt. Am 2. Weihnachtsfeiertag mobilisierte das Eisenacher Team die letzten Kraftreserven, bereitete sich und den blau-weißen Fans mit einem 32:31 (17:19) -Erfolg über die Hansestädter ein exzellentes Weihnachtsgeschenk. Marko Grgic brachte mit einem in allerletzter Sekunde verwandelten Siebenmeter die Werner-Aßmann-Halle zum Beben. „Ich habe versucht, so wenig wie möglich zu denken. Nur daran, meine Routine beizubehalten und lange zu warten. Gottseidank hat es geklappt“, schildert der 21-jährige Nationalspieler die Szene. Als „Eisvogel vom Strich“ verwandelte er alle 6 seinem Team zuerkannte Siebenmeter. „Mit der Verwandlung dieses Strafwurfes hat er ein für ihn famoses Handballjahr vergoldet“, freute sich Fynn Hangstein für seinen Teamkollegen, der im Jahr 2024 Nationalspieler wurde und mit Silber von den Olympischen Spielen heimkehrte. „Wir haben uns vor dem ersten Siebenmeter abgesprochen, wer diesen übernimmt. Marko hat getroffen und es gab keinen Grund, diese Aufgabe zu verändern“, erläuterte Fynn Hangstein, eigentlich die Nummer 1 der Siebenmeter-Werfer. Marko Grgic war mit insgesamt 9 Treffern erfolgreichster Werfer seines Teams, der seine persönliche Ausbeute auf 126 Saisontreffer aufstockte.
„Phänomenal, was die Jungs abgerissen, in diesem großen Finale noch einmal alles investiert haben. Die erreichten 16 Punkte sind das Ergebnis einer herausragenden Leistung von Mannschaft und Trainer, die nun in den verdienten Urlaub zum Jahreswechsel gehen“, erklärte Eisenachs Geschäftsführer Rene Witte. Die Wartburgstädter überschreiten die Schwelle zum neuen Jahr in der Tabelle vor dem VfL Gummersbach, vor dem TBV Lemgo Lippe und auch vor dem HSV Hamburg. Mit einer Teambuilding-Maßnahme am 12.01.2025 bei einem Biathlon-Wettkampf in Oberhof startet das Eisenacher Bundesligateam ins neue Jahr.
Tosten Jansen, der Coach des HSV Hamburg, haderte mit dem letzten Siebenmeter-Pfiff, sprach von einer „undurchsichtigen Entscheidung“, habe doch ein Spieler der Eisenacher und ein Spieler seiner Mannschaft im Kreis gestanden. Der Ex-Nationalspieler gratulierte sportlich fair dem ThSV Eisenach zum Sieg „in einem hoch emotionalen Spiel“.
„Heute war jenes Spielglück, das wir im Pokal-Viertelfinale bei den Rhein-Neckar Löwen nicht hatten, bei uns. Die gesamte Mannschaft hat gefightet und sich letztendlich belohnt Dieser Sieg lässt uns mit einem ausgeglichenen Punkteverhältnis, mit 16:16 Zählern und einem Tore-Plus, in die Pause zum Jahreswechsel gehen. Mit dieser Bilanz können wir uns wahrlich sehen lassen“, erklärte Peter Walz kurz vor der Abfahrt in seine saarländische Heimat. Er selbst hatte 5 Treffer zum Sieg über die Hamburger beigesteuert.
Von einem 5-Tore-Rückstand nicht aus der Spur bringen lassen
„Im ersten Abschnitt stand unsere Abwehr nicht kompakt, war nicht griffig genug, wodurch wir in einen 5-Tore-Rückstand gerieten“, konstatierte Eisenachs keinen Zweikampf scheuender Rückraumspieler Simone Mengon, der 7 Bälle (aus 9 Versuchen) aus dem Feld einnetzte. Aus einer 10:9-Führung (16.), zu der Philipp Meyer wieder mit einem Wurf aus der eigenen Hälfte in den leeren Gästekasten beigetragen hatte, wurde ein 10:15-Rückstand (20.). Hamburgs Rückraumspieler Moritz Sauter, vergangene Saison beim 1. VfL Potsdam und den Füchsen Berlin am Ball, traf schier nach Belieben, lochte bis zur Pause 7 Bälle ein, wurde insgesamt mit 8 Treffern (aus 11 Würfen) notiert. „Wir haben dann unser System gewechselt. Das hat uns besser ins Spiel gebracht“, erläuterte Eisenachs Coach Misha Kaufmann. „Unser Abwehr- und auch Angriffsspiel verbesserte sich“, befand auch Simone Mengon. Wechselnde Besetzungen im Rückraum und in der Abwehr ließen den ThSV Eisenach rasch wieder aufschließen, wozu Alexander Saul und Fynn Hangstein mit ihren Treffern beitrugen. Simone Mengon ging mit voller Überzeugung in einen Zweikampf und schloss zum 15:16-Anschlußtreffer ab (24.). Frederik Bo Andersen markierte per Tempogegenstöße zwei Hamburger Treffer (25./28.). Pech für Eisenachs Ivan Snajder, dessen Ball sprang beim Stand von 17:18 vom Innenpfosten in das Feld zurück (30.). Jacob Lassen traf aus der Distanz zum 17:19-Pausenstand. Bis zur Halbzeit konnte der HSV Hamburg auf ein Plus auf der Torwartposition bauen. Für seinen Keeper Robin Haug wurden 8 abgewehrte Bälle, für das Eisenacher Duo Matija Spikic und Silvio Heinevetter zusammen nur 3 parierte Bälle notiert. Doch auch das änderte sich im zweiten Abschnitt.
Herzschlagfinale
„Unsere Deckung im Zusammenspiel mit unserem Torhüter sorgte mit Beginn der zweiten Halbzeit für deutlich mehr Stabilität“, stellte Simone Mengon fest. Er tanzte den 2,05-Meter großen Ex-Eisenacher Azat Valiulin aus und traf zum 18:19 (32.). Matija Spikic hatte mit einer seiner insgesamt 10 Paraden die zweiten 30 Minuten eingeleitet. Ivan Snajder zirkelte das Leder von Linksaußen zum 19:19-Ausgleich ins Netz (33.). Jacob Lassen (insgesamt 9 Treffer aus 11 Versuchen) und Leif Tissier (4 Treffer aus 5 Versuchen) schlossen nun die Hamburger Angriffe erfolgreich ab. „Hinten ließen wir die nötige Kompaktheit vermissen, erreichten im Angriff nicht mehr die Durchschlagskraft der ersten Halbzeit“, konstatierte Torsten Jansen. Von einer „tollen Bereitschaft in jedem Zweikampf“ sprach Misha Kaufmann. Seine defensiver ausgerichtete Abwehr bekam die hanseatische Offensive besser in den Griff. Die 2.800 auf den Rängen halfen akustisch mit. „Wir agierten mit Herz, Leidenschaft, Kampf und Moral, wie die gesamte Hinserie, sind über unsere Grenzen gegangen “, betonte der Eisenacher Coach. „Wir haben uns im zweiten Abschnitt deutlich gesteigert“, unterstrich auch Eisenachs Linkshänder Malte Donker. „Wir haben noch einmal alles aus unserem Tank herausgeholt“, fügte Simone Mengon schmunzelnd hinzu. Marko Grgic rackerte in Abwehr und Angriff, bediente Peter Walz, der vom Kreis zum 20:20 versenkte (35.). Enorm wichtig, die Effizienz von Marko Grgic vom Strich, wie beim 21:20 (36.) und 23:22 (42.). Die Hanseaten nutzten zwei Eisenacher Zuspielfehler durch zwei Treffer ihres leichtfüßigen und kreativen Regisseurs Leif Tissier zum 23:24 (44.). Die letztmalige Gästeführung! Marko Grgic powerte zum 24:24 (46.), Simone Mengon zum 25:24 (48.) ein. Es blieb hochgradig spannend. In den letzten 10 Minuten taute Eisenachs Filip Vistorop auf, übernahm Verantwortung, traf zum 27:26 (50.), 28:27 (52.) und 29:28 (53.). Jacob Lassen ließ mit seinen Treffern, wie zum 29:29 (54.), die Norddeutschen auf Zählbares hoffen. Ausgerechnet Azat Valiullin wuchtete eine Freiwurfablage zum 30:30-Ausgleich ins Eisenacher Gehäuse (56.). Der in der 55. Minute ins Hamburger Tor gekommene Mohamed El-Tayar parierte einen Attenhofer-Ball von Rechtsaußen (57.). Filip Vistorop konnte nur regelwidrig gestoppt werden. Marko Grgic verwandelte den fälligen Strafwurf zum 31:30 (57.). ThSV-Keeper Matija Spikic parierte das Leder von Jacob Lassen. Die Spieler des ThSV Eisenach trafen sich zur Auszeit. Filip Vistorop scheiterte wenig später am Hamburger Schlussmann. Nun trafen sich die Gäste zum Meeting. Caspar Mortensen verwandelte vom Siebenmeter-Strich gegen den eingewechselten Silvio Heinevetter zum 31:31. Da waren noch 24 Sekunden zu spielen. Ausreichend Zeit zu einem zielführenden Angriffszug, den die Gäste mit einer Abwehr im Kreis stoppten. „Eisvogel“ Marko Grgic sorgte mit seinem 6. verwandelten Siebenmeter für die Eisenacher Glückseligkeit. Grenzenloser Jubel beim ThSV Eisenach über den 8. Saisonsieg, tiefe Enttäuschung beim HSV Hamburg über die 7. Saisonniederlage. Mit Thüringens Nationalhymne, dem „Rennsteiglied“, inbrünstig intoniert, klang das Handballjahr 2024 im Thüringer Handballtempel aus.
Statistik
ThSV Eisenach: Spikic, Heinevetter; Vistorop (3), Reichmuth, Capric, Hangstein (1), Attenhofer, Walz (5), Mengon (7), Grgic (9/6), Meyer (3), Maric, Donker, Kurch, Snajder (2), Saul (2)
HSV Hamburg: El-Tayar, Haug; Magaard, Tissier (4), Lassen (9), Weller (1), Axmann, Bo Andersen (4), Hartwig, Unbehaun, Sauter (8), Ilic, Mortensen (3/2), Valiullin (2)
Zeitstrafen
ThSV Eisenach: 3 x 2 Min.
HSV Hamburg: 4 x 2 Min.
Siebenmeter
ThSV Eisenach: 6/6
HSV Hamburg: 2/2
Schiedsrichter: Fedtke/Wienrich
Zuschauer: 2.800 (ausverkauft)
Spielfilm: 5:3 (6.), 10:9 (16.), 10:15 (20.), 15:16 (24.), 17:19 (30.), 20:20 (35.), 23:24 (44.), 27:26 (50.), 30:29 (55.), 31:31 (60.), 32:31 (60.)
Th. Levknecht