Das Nationalmannschafts-Trikot überzustreifen, ist eine große Ehre
Im Interview: Marko Grgic
Der ThSV Eisenach hat mit Marko Grgic nach 25 Jahren wieder einen aktuellen Nationalspieler. Im Frühjahr lud ihn Bundestrainer Alfred Gislason zu einem Lehrgang ein, bei dem er gleich sein Länderspieldebüt feierte. Mehr noch, der junge Rückraumspieler war gleich bei den Olympischen Spielen dabei und kehrte mit einer Silbermedaille zurück! Seine Nominierung war sicherlich auch ein Ausdruck der Wertschätzung für die Arbeit beim Thüringer Traditionsverein. „Für die deutsche Nationalmannschaft aufzulaufen, sein Land auf großer Bühne zu vertreten, eine große Ehre und ein unbeschreiblich tolles Gefühl. Mit dem Überstreifen das Nationalmannschaftstrikots übernimmt man auch ein Stück Verantwortung“, erklärte der 1,98 Meter große Schwarzschopf, der in Eisenach das Licht der Welt erblickte. Marko Grgic trug sich, gemeinsam mit dem aus Eisenach stammenden Olympiateilnehmer im Basketball Johannes Voigtmann, in das „Goldene Buch der Stadt Eisenach“ ein. Beide wurden im Anschluss auf dem Eisenacher Markplatz von mehreren hundert Eisenachern und Gästen umjubelt.
Wir sprachen mit Marko Grgic:
Sie wurden am 11.09.2003 in Eisenach geboren. Ihr Vater lief seinerzeit für den ThSV Eisenach in der 1. Handballbundesliga auf, spielte ab 2006 viele Jahre für die HG Saarlouis in der 2. Handballbundesliga. Jener Verein, bei dem Sie das Handball-ABC erlernten. Sie bekamen das Handballgen mit in die Wiege gelegt, ihr Weg zum Handball war damit vorgezeichnet?
Ich wurde in einer Handballfamilie geboren, doch ich fühlte keinen Druck. Ich wurde nicht zum Handball gedrängt, kam natürlich ganz früh mit dem kleinen runden Leder in Kontakt, fand Spaß daran und spielte ab dem 6. Lebensjahr Handball im Verein, bei der HG Saarlouis.
Was fasziniert Sie am Handball?
Ein Mannschaftssport mit ganz viel Action.
Sind Sie ein „Lautsprecher“ oder eher der ruhige Typ?
Beides. Manchmal emotional, manchmal ruhig. Emotionen gehören zum Handball.
Sie wechselten zur Saison 2022/2023 von der HG Saarlouis zum ThSV Eisenach. Mit welchen Hoffnungen, welchen Erwartungen?
Ich wollte mich weiter entwickeln. Ja, ich wollte auch in die 1. Handballbundesliga.
Es folgte eine rasante Entwicklung des ThSV Eisenach und des Marko Grgic mit dem Aufstieg nach der Saison 2022/2023 in die 1. Handballbundesliga. Entgegen den Voraussagen der meisten Experten, der ThSV Eisenach schaffte den Klassenerhalt in der stärksten Liga der Welt. Was waren die entscheidenden Argumente hierfür?
Wir haben immer an uns geglaubt. Wir haben auch eine Serie von Niederlagen weggesteckt. Das Umfeld stand zu uns. Mentalität stand ganz oben. Wir haben die entscheidenden Punkte geholt, fuhren mit 1.200 Fans nach Leipzig und siegten dort. Enorm wichtig, die Siege gegen den TVB Stuttgart und den Bergischen HC. Und nicht zu vergessen, unser ganz großes Pfund, unsere Heimstätte, der Thüringer Handballtempel, das ganz besondere Flair der Werner-Aßmann-Halle!
Es ging rasant weiter. Sie schlossen Ihre Ausbildung zum Bankkaufmann ab, erhielten eine Einladung von Alfred Gislason zu einem Lehrgang der Nationalmannschaft und bestritten Ihre ersten Länderspiele. Wie ist das, wenn man als Nobody aus der Provinz zur Handball-Nationalmannschaft kommt?
Ein überwältigendes Gefühl, mit Weltstars wie Andreas Wolff, Johannes Golla, und Juri Knorr zusammenzuarbeiten. Ich, der Nobody aus der Thüringer Provinz, wurde gut aufgenommen.
Und dann standen Sie im Kader für die Olympischen Spiele in Frankreich, kamen in allen Spielen zum Einsatz und kehrten mit der Silbermedaille zurück. Die Teilnahme an Olympischen Spielen ist das Größte für einen Sportler, wie erlebten Sie diese als 20-Jähriger? Was bleibt haften?
Ja, es ging alles rasend schnell. So einen großen Traum so früh zu erfüllen, überwältigend. Beeindruckend das gesamte Flair. Ich habe alle Momente genossen, vieles aufgesaugt und mich zugleich auf unseren Wettkampf konzentriert. In der Gruppenphase wohnten wir im Olympischen Dorf, begegneten den weltbesten Athleten beim größten sportlichen Ereignis der Welt. Andere Wettkämpfe zu besuchen, da fehlte zumeist die Zeit. Ich war beim Beachvolleyball am Eifelturm. Faszinierend, mit all den Lichtern bei der Dunkelheit vor der Kulisse des Eifelturmes.
Sie sehen sich nun beim ThSV Eisenach einer anderen Erwartungshaltung gegenüber?
Die Rückraumbesetzung hat sich zum Vorjahr verändert. Mir kommt deutlich mehr Verantwortung zu. Diese will ich auch übernehmen. Für den Erfolg unserer Mannschaft, damit der ThSV Eisenach auch in der Saison 2025/2026 in der stärksten Handball-Liga der Welt spielt.
Tauschen Sie sich mit Ihrem Vater aus, der inzwischen Jugendkoordinator beim ThSV Eisenach ist?
Wenn ich am Wochenende zum Essen komme, sprechen wir schon über Handball, werten ein paar Dinge aus.
Was geben Sie den Nachwuchsspielern Ihres Vereins mit auf den Weg?
Fleiß sollte ganz oben stehen. Auch nach Fehlern, nicht aufgeben. Immer dranbleiben. Auf Dinge verzichten, die der Leistungsentwicklung entgegenstehen. Um voranzukommen, muss man auch Opfer bringen! Enorm wichtig, in den eigenen Körper zu investieren. Schon in jungen Jahren!
In Deutschland wird gerade eine Olympia-Bewerbung diskutiert. Warum sollten Olympische Spiele in Deutschland stattfinden?
Sportler aus aller Welt zum absoluten sportlichen Highlight, den Olympischen Spielen, in Deutschland, das wäre doch eine fantastische Sache! In Frankreich waren im Vorfeld nicht alle von Olympia begeistert, doch dann erfüllte eine Begeisterungswelle das ganze Land. Sport verbindet! Das haben die Olympischen Spielen stets bewiesen! Wir haben das Potential, Olympische Spiele auszutragen. Vielleicht in zwei nicht so weit voneinander entfernten Städten. Deutschland könnte damit auch sein Image aufpolieren. Bei neu zu errichtenden Sportanlagen sollte Nachhaltigkeit für die Zeit danach ganz oben stehen!
Wie könnte der Sport, auch in Thüringen, davon profitieren?
Nun, als Austragungsort für Olympische Sommerspiele dürfte Thüringen nicht in Frage kommen. Aber ähnlich der kürzlich stattgefundenen Fußball-EM, könnten Sportler aus aller Welt zu Trainingscamps nach Thüringen kommen. Dadurch wäre Thüringen direkt mit involviert. Der Sport könnte auch in Thüringen deutlich mehr in den Fokus treten.
Wie sollten diese Spiele aussehen, auch um die Gesellschaft mitzunehmen?
Olympische Spiele nehmen die ganze Gesellschaft mit. Nicht nur Sportinteressierte. Dieses ganz besondere Flair zieht alle an. Olympia in Deutschland würde Menschen aus der ganzen Welt anziehen. Der gesamte Tourismus würde aktuell und im Nachhinein davon profitieren. Wie bereits erwähnt, die Olympia-Sportanlagen müssten nach den Olympischen Spielen für alle Sportler nutzbar sein. Es wären gut angelegte finanzielle Mittel.
Marko, Danke für das Interview.
Thomas Levknecht