„Mentalitätsmonster“ trotzten erneut allen Widrigkeiten
ThSV Eisenach macht mit 26:25 (11:14) -Erfolg beim HSC 2000 Coburg den Aufstieg in die 1. Handballbundesliga perfekt / Samstag ab 15.00 Uhr Aufstiegsfeier auf dem Eisenacher Marktplatz
Wie so oft im Laufe der Saison, die „Mentalitätsmonster“ des ThSV Eisenach trotzten auch am letzten Spieltag der Saison 2022/2023 allen Widrigkeiten, machten mit einem 26:25 (11:14) -Erfolg beim HSC 2000 Coburg den Aufstieg in die 1. Handballbundesliga perfekt. Dem Dessau-Roßlauer HV nutzte ein 32:29-Erfolg bei den Eulen Ludwigshafen nichts, die punktgleichen Männer von der Wartburg weisen das bessere Torverhältnis auf, jubelten mit über 800 mitgereisten Fans in der HUK-Coburg Arena. „Ein unfassbarer Kampf des gesamten Teams mit unbeschreiblicher Mentalität“, betonte der langjährige Eisenacher Spieler Adrian Wöhler, der selbst mehrfach mit dem ThSV Aufstiege bejubelte. Viele ehemalige Spieler, wie die ehemaligen Kapitäne Michael Dubiel und Jürgen Beck, und Trainer (Hans-Joachim Ursinus) waren mit in die HUK-Coburg Arena gekommen, oder sendeten – wie Stephane Joulin oder Timo Meinl – Grußbotschaften. Glückwünsche übersandten Vertreter zahlreicher Vereine Das ThSV-Team wurde nach mitternächtlicher Stunde von Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf, dem Vorsitzenden des Gewerbevereins Jo West und weiteren Gästen in Eisenach im Saal des Hotels „Sophienaue“ erwartet. Das Aufstiegsteam war Gast des Hauses.
Personell gehandicapt
Die Wartburgstädter mussten auf beide Stammtorhüter verzichten. Erik Töpfer stand seit Ende November auf der Verletztenliste. Torwarttrainer Stanislaw Gorobtschuk streifte sich wieder das Trikot über. Vergangene Woche zog sich auch Schlussmann Johannes Jepsen eine Meniskusverletzung zu. Die Eisenacher verpflichteten für die letzten beiden Saisonspiele den ehemaligen Keeper der Rimpar Wölfe Max Brustmann aus dem Handball-Ruhestand. In den letzten beiden Saisonspielen wurde Torwarttrainer Stanislaw Gorobtschuk ein Faktor, parierte wichtige Bälle. Folgenschwer war für den ThSV Eisenach das letzte Heimspiel. Beim 24:22 über den VfL Potsdam schied Regisseur Jannis Schneibel nach einem Foulspiel mit einer schweren Schulterverletzung aus. Kreisspieler und Kapitän Peter Walz sah nach einer Abwehraktion heiß umstritten Rot und Blau. Beide fehlten beim Aufstiegsshowdown im Fränkischen. Die Eisenacher reaktivierten für die Partie in Coburg ihren ehemaligen Abwehr-Recken Duje Miljak, der im Sommer 2020 seine Laufbahn beendet hatte. Der inzwischen 39-Jährige half mit, nach der frühzeitigen roten Karte für Abwehrchef Philipp Meyer (22.), die Defensive zu stabilisieren, gemeinsam mit Daniel Hideg, der zwischenzeitlich verletzt zur Behandlung musste.
Saisonrekordkulisse in Coburg
„Auch für unsere Zuschauer war es ein tolles Spiel. Lange Zeit war nicht zu sehen, wer hier um den Aufstieg kämpft. Mit der Umstellung auf eine offensive Deckung hat uns der ThSV Eisenach den Spielfluss genommen. Wir vermochten es nicht, unsere 6:0-Deckung auf dem Level zu halten. Eisenach hat uns mit Einläufern mehrfach überrascht“, bilanzierte Jan Gorr, aktuell Trainer und Geschäftsführer des HSC 2000 Coburg in Personalunion. Die 3.054 Zuschauer bildeten die Saisonrekordkulisse in der HUK-Coburg Arena. Die Fankarawane aus Thüringen hatte erheblichen Anteil daran. In Routinier Florian Billek besaß der Gastgeber einen treffsicheren Außen (9 Tore aus 9 Versuchen) in seinen Reihen, Keeper Jan Jochens (nächste Saison bei Drittligist Eintracht Hildesheim) war mehrfach zur Stelle.
Mit offensiver Abwehr das Ruder an sich gerissen
„Wir haben alles weggesteckt, auch einen 6-Tore-Rückstand, sind wieder aufgestanden“, konstatierte Eisenachs Coach Misha Kaufmann. Aus einem 6:8 (12.) wurde ein 13:9 (22.) und 14:11 zur Halbzeitpause. Bei Coburgs 17:11-Führung (34.) wackelte der Aufstieg. Wartburgstädter stellten auf eine offensive Abwehrvariante, auf ein 3:3 um, rissen das Ruder Stück für Stück an sich. „Wir haben vorn einfach zu viele Bälle weggeworfen, kassierten etliche Gegenstoßtore“, beleuchtete Timothy Reichmuth diese Phase. „Nach dem 6-Tore-Rückstand haben wir alles reingehauen, was wir hatten. Wir haben uns wieder herangekämpft, von unseren Fans regelrecht getragen“, unterstrich Daniel Hideg. „Wir haben im Saisonverlauf so oft Rückstände aufgeholt. Das zeichnete uns aus. Jeder hat auch in Coburg dazu beigetragen“, vermerkte Alexander Saul, der 5 Treffer bei 6 Versuchen erzielte, über den viele Angriffszüge eingeleitet wurden. Fynn Hangstein befreite sich vom Druck, netzte nun auch ein. Sein Rückraum-Kollege Marko Grgic explodierte regelrecht. Er brillierte mit zuvor nur selten von ihm gesehenen Mut. „Ja, ich traute mir zu, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen“, erklärte der angehende Bankkaufmann. Vater Danijel Grgic war einst selbst für den ThSV Eisenach am Ball – und mit Ehefrau Ina natürlich in der Halle. Der 19-Jährige versenkte 6 Bälle (bei 7 Versuchen), zog mit vollster Überzeugung zum 21:20 -Anschlusstreffer (49. Die Abwehr der Thüringer stellte die Franken vor unlösbare Aufgaben. „Die Gastgeber wurden immer unsicherer, leisteten sich technische Fehler“, befand Eisenachs Außen Timothy Reichmuth. Aus einem 20:16 (45.) wurde ein 22:24 (53.). Mit Einläufern narrte die Eisenacher Offensive die Abwehr der Hausherren. Ivan Snajder und Ante Tokic netzten so von der Kreismitte ein. Beim 23:24 scheiterte Fynn Hangstein am ins Coburger Gehäuse eingewechselten Fabian Apfel (56.). Der folgende Angriff der Hausherren landete am Holz des Eisenacher Gehäuses. Marko Grgic tankte sich zum 23:25 durch (58.). Kurz darauf misslang den Gästen zum wiederholten Male eine Angriffskation zum Kreis, Andreas Schröder versenkte per Gegenstoß zum 24:25- Anschlusstreffer für die Hausherren. Kurz darauf fasste sich Malte Donker ein Herz, tankte sich zum 24:26 und zur Eisenacher Glückseligkeit durch (60.). Dass der Dessau-Roßlauer HV bereits einige Minuten zuvor sein Auswärtsspiel erfolgreich abgeschlossen hatte, war in Sachen Aufstieg bedeutungslos…Die über 800 blau-weißen Fans fluteten rasch die HUK-Coburg-Arena!
Torjägerpokal für Fynn Hangstein
Wie in der Vorsaison, der Top-Torjäger der 2. Handballbundesliga der Männer heißt Fynn Hangstein vom ThSV Eisenach. Er markierte 262 Tore und wurde nach der Partie mit dem Torjägerpokal der Liga geehrt. Der 23-jährige Rückraumspieler hat in zwei Spielzeiten 567 Tore für den Thüringer Traditionsverein markiert. Er wechselt im Sommer zum TuS-Nettelstedt-Lübbecke – und bleibt in der 2. Liga. Die Entscheidung hierzu war schon im Januar gefallen. „ Ich wusste, dass es so kommen könnte, ich mit dem TuS N-Lübbecke noch ein Jahr zweite Liga spiele. Ich habe mir im Vorfeld viele Meiningen eingeholt, ausgiebig abgewogen und dann den Entschluss gefasst. Ich bereue den Schritt nicht. Ich stehe auch heute dazu. Dieses Jahr steige ich mit dem ThSV Eisenach, nächstes Jahr dann mit dem TuS N-Lübbecke in die 1. Bundesliga auf…. Ich will im Handball weiter vorankommen, mich in einem 6:0-Deckungsverband weiterentwickeln. Erfahrungen aus offensiven Systemen, 5:1 oder 3:2:1, nehme ich aus Eisenach mit nach Lübbecke“, erklärte der in Detmold geborene auch schon im internationalen Beachhandball erfolgreiche Blondschopf.
Aufstiegsfeier auf dem Eisenacher Markplatz
Die Aufstiegsfeier des ThSV Eisenach steigt am Samstag, 10.06.2023 ab 15.00 Uhr auf dem Eisenacher Markplatz. Zu Beginn trägt sich das Aufstiegsteam bei Oberbürgermeisterin Katja Wolf in das „Goldene Buch“ der Stadt Eisenach ein. Am Nachmittag ist Familienfest angesagt, abends gibt es Livemusik mit der Band „Rambling Stamps“. Der Eintritt ist frei.
Statistik
HSC Coburg : Jochens (8 Paraden), Apel (ab 53./ 1 Parade); Preller, Runarsson (1), M. Jaeger (3), Dettenthaler, Bis (1), Fuß (2), Siegler, Ossowski, Billek (9/1), Herzig (3), Krone, Knauer (3), Schäffler (2), Schröder (1)
ThSV Eisenach : Brustmann (1 Parade), Gorobtschuk (ab 19./5 Paraden); Reichmuth (1), Hübke, Hangstein (6/2), Ulshöfer, Miljak, Grgic (6), Hideg, Tokic (2), Sousa, Meyer, Donker (2), Snajder (3), Weyhrauch (1), Saul (5)
Siebenmeter : HSC Coburg 1/1 – ThSV Eisenach 2/3
Zeitstrafen : HSC Coburg 6 x 2 Min. - Eisenach 2 x 2 Min, Rot für Meyer (22.)
Schiedsrichter : Hörath/Hofmann
Zuschauer : 3.054
Th. Levknecht